Römische Rechtsgeschichte

Bearbeiter: Kirstin Schulz

 

Römische Republik

1) Gründung der Stadt Rom           

     - 753 v. Chr., Stadtstaat  (Bauernstaat), Marktplatz Forum

 

2) Ständische Gliederung

     - Patrizier: aus adeligen Familien, streng patriachalisch, pater familias hatte Gewalt über                                Eigentum und Familie, seine Abkömmlinge = gens (verwandt als Gentilen)

     - Plebejer:        einfaches Volk

     - Sklaven

     - Verhältnis Patron - Klientel = Landbewirtschaftung und Schutz gegen Treue im Krieg/Politik

 

3) Staatsorganisation

     - rex = Staatsoberhaupt, Heerführer, Oberpriester, Gerichtsherr

     - Romulus erster / Superbus letzter rex 509 v. Chr. ® Übergang zur Republik

     - Senat (= Oberhäupter der Patrizier),  Volksversammlung (= Vers. der Krieger),
        comitia curiata (= Zenturien)

 

4) Römische Recht in der Frühzeit

     - göttliches R = fas

     - menschliches R = ius, leges regiae vom Pontifex (Priesterkollegium) erlassen

 

5) Römische Recht in der Republik

 

a) Staatsrecht

     - vertriebener König blieb rex sacrorum, ein praetor, später zwei Konsulen übernahmen die                       Macht

     - politsche Führung und Heeresführung, bei wichtigen Entscheidungen  Senat oder                                     Volksversammlung fragen                        

     - praetoren als Rechtspfleger

     - Prinzipien der röm. Verfassung:

         - Annuität                     (Wahl Magistrate für ein Jahr)

         - Kollegialität              (mind. zwei Personen im Amt, Interzessionsrecht9

         - Ämterlaufbahn         (erst die niedrigen Ämter duchlaufen)

         - concilium                  (Pflicht zur Einholung von Ratschlägen)

 

b) Ständekampf

     Plebs wollten auch in die Magistraturen hinein, Zugeständnisse der Patrizier:

     - Wahl eines Volkstribunen ® Interessenvertreter der plebs, für ein Jahr gewählt,                                          Intercessionsrecht, Herbeiführung von verbindlichen Volksbeschlüssen  (Plebiszite)

     - lex Hortensia ( 287 v. Chr.) bestimmt Gesetzesgleichheit der Plebiszite

     - Zwölftafelgesetz

 

c) Senat

     entweder vorher Konsul oder praetor gewesen oder Oberhäupter der patrizischen Familien,      später auch Plebejer (vorher im Magistrat) zugelassen

        

d) Zwölftafelgesetz

     - 451 v. Chr.:    Zehn Männer (decemviri legibus scribundis) wurden für ein Jahr in den Magistrat                   berufen und legten zunächst zehn  Tafeln vor, zehn andere Männer vollendeten das Werk mit                zwei Tafeln

     - nur noch in Fragmenten erhalten          

 

e) Zivilprozeß und die actio

     - Einleitung des Prozesses beim praetor (seit 367 v.Chr.):

         Feststellung, ob Kläger den von ihm behaupteten SV rechtlich durchsetzen konnte, SV wird als             wahr unterstellt, praetor erteilt actio (materiell-rechtliche Voraussetzungen und prozessuale                      Durchsetzbarkeit) oder bei Einreden/Einwendungen exceptio

     - Zweites Stadium (aput iudicem) beim Laienrichter:

         Beweiserhebung und Entscheidung in der Sache selbst

     - zunehmende Bedeutung als ius honorarium (= vom praetor geschaffenes Recht),
         Gegensatz zum ius civile (= Zwölftafelgesetz) und ius gentium (= Recht für Fremde)

     - praetoren hatten außerdem das Recht Edikte zu erlassen = ius ediciendi (Festlegung von                       Klageformeln, die sie anerkennen wollen)  zu Beginn der einjährigen Amtszeit, oft vom                                Vorgänger übernommen

     - Festschreibung der Edikte erst durch Julian 130 n.Chr.

 

f) Strafrecht

     - Geschworenengerichte (Urteile über Vergehen der Stadthalter)

     - ständige Straf-Schwurgerichte seit 82 v.Chr.mit Gerichtrednern

Prinzipat - frühe Kaiserzeit               

1)      Römische Kaiser im Überblick

         ab 1. Jh. v.Chr. Julius Cäsar (Reformpläne) bis 44 v Chr., Bürgerkrieg, Oktavian „Augustus“          (Friedensära)

         bis 14 n.Chr.,Tiberius, Claudius, Trajan, Caligula, Nero, Mark Aurel bis 180 n.Chr.
        
(Ende des Prinzipats)

 

2)      Verfassung im Prinzipat

         - Auseinanderfallen von deklarierter und praktizierter Verfassung

         - Augustus ist Alleinherrscher (princeps), er ist Konsul, Heeresführer und Volkstribun zugleich

         - keine Senatsbeschlüsse mehr, sondern nur noch orationes Augusti (= Gesetzeskraft)

 

3)      Die Juristen

         - Jura als Mittel zum sozialen Aufstieg, Labeo lehnt Monarchie ab, schrieb Ediktkommentar                          und juristische Briefsammlung (libri epstularum)

         - iuris civile

         - Juristen als freie Gutachter, manche durften im Namen des Kaisers Rechtsbescheide                             erlassen (Gerichte mußten diesem folgen)

         - 1.Jh. n.Chr. Schulen für Juristenausbildung (Sabinianer, Cassianer, Proculianer)

         - 2.Jh n.Chr.Verbindung von Rechtskunst und Rechtsämtern in kaiserlichen Diensten

         - Pomponius schrieb Anfängerlehrbuch (enchridium)

         - Celsus (106 praetor, Konsul, etc) Schulhaupt bei den Prokulianern schrieb digesta                                    (=Geordnetes)

         - Julian (125 Richter, Quaestor, Volkstribun, praetor etc) Schulhaupt bei Sabinianern schrieb                      auch digesta, Einfachheit und Klarheit

         - Ämilius Papinian (geb 150 n.Chr.) schrieb questiones und responsa

         - Julius Paulus (geb 160) schrieb über 300 Buchrollen

         - Domitius Ulpianus (geb 170) schrieb Kommentare und Handbücher

 

4)      Die Provinzen und Juristen

         - Führung durch Provinzstatthalter (Statthaltergericht)

         - bekanntester Provinzialjurist: Gaius (120 - 180)

           schrieb die Institutiones (jur. Anfängerlehrbuch), Stoffgliederung bis heute im BGB

         - Callistrat (Kommentare u. Handbücher)

         - Ämilius Macer

 

5)      Kaiserkonstitutionen

         = constitutiones principium

         - edicta principis (Edikte des Kaisers):

            setzten automatisch anderslautende Regelungen außer kraft und wurden geltendes Recht 

         - decreta (Entscheidungen):

            Kaiser konnte Prozesse an sich ziehen, und er bildete immer die letzte Instanz, decreta                           hatten Gesetzerang

         - rescripta (Antworten auf schriftl. Eingaben):

           öffentlicher Aushang am Ort des Kaisers, Sammlung wurde herausgegeben

         - epistulae (Briefe des Kaisers):

            bei Anrfragen von Beamten oder Institutionen (Zuständigkeit der Kanzlei)

         - mandata principum (Anweisungen des Kaisers)

           Dienstanweisungen an die Vertreter

 

6)      Außerordentliche Gerichte

         - ordentliche Rechtspflege (mit Geschworenen des geh. Bürgertums), daneben später                               außerordentliche Gerichte, beauftragter Beamter schlichtet Streit nach eigenem Ermessen                       (praetor fideicommissarius)

Spätantike (250 - 500 n.Chr.)

1)      Der spätrömische Staat

         - Beginn mit Diokletian, fortgeführt von Konstantin dem Großen (306 n.Chr.)

         - griechisch-römische Doppelstruktur

         - alte Staatsorgane (wie der Senat) verloren Einfluß; Gliederung nach Berufsständen
           (Heer, Beamte, Klerus)

         - religiöse Verehrung des Kaisers (Gottesgnadentum)

         - höchste Zivilbeamte: praefecti praetorio 

         - Staatsrat: Vorsteher, Schatzmeister, Chef der Domänenverwaltung, Justizminister

         - Teilung der Reichsgewalt : lateinische Westhälfte + griechische Osthälfte

         - Rechtspflege: keine Schwurgerichte mehr

 

2)      Nachklassische Rechtswissenschaft

         - Mitte des 3. Jh. , Juristen nur noch unfreies Werkzeug kaiserlichen Willens

         - frühnachklassische Werke: Neuherausgabe klassischer Schriften, knappe Elementarwerke,                  Zusammenstellung von Exzerpten, Handbücher als Sammelwerke

         - Vulgarrecht: Mitte des 4. Jh. (Erforschung von Ernst Levys)

 

3)      Spätrömische Kaisergesetzgebung

         - Kaiser erlassen formelle Gesetze (Edikte, Mandate, Dekrete, Reskripte)

         - neues Kaiserrecht = ius novum  ; Zivil- und Honorarrecht = ius vetus

         - Bezeichnung als leges edictales (allgemeines leges generales; Einzelfälle rescipta, Einzelfall                   mit Allgemeinbedeutung sanctio pragmatica

        

4)      Vorjustinianische Kodifikationen

         - 4.-5.Jh. enstehen „Zitiergesetze“, die bestimmen, welche juristische Schriften vor Gericht                           maßgebend sind

            ® Einheitlichkeit der Rechtsanwendung

         - Erlasse des Konstanin (Jahr 321/322) erklären Schriften von Papinian und Paulus für                               verbindlich

         - im Jahr 426 Konstitutionen von Theodosius II und Valentinian III (= Zitiergesetz):

           Schriften von Papinian, Paulus, Ulpian, Modestin und die Gaius Institutionen hatten                                    gesetzesgleiche Wirkung. Bei verschiedenen  Meinungen entscheidet die Mehrheit, bei                              Stimmengleichheit die Ansicht Papinians.

         - Codex Theodosianus (Jahr 429) :

            16 Bücher, Gliederung in Titel, innerhalb der Titel Konstitutionen, (evt. Unterteilung in §§)

            ® z.B. Cth. 1, 4, 2 = 1.Buch, 4. Titel, 2.Konstution

         - Kodifikationen des weströmischen Vulgarrechts bei den Germanen

           zB Edictum Theoderici, Codex Euricianus, Lex Romana Visigotorum, Lex Romana                                    Burgundionum

 

5)      Kodifikation des Justinian

         Justinian (geb. 482) faßte die Rechtsüberlieferung in einer umfassenden Kodifikation          zusammen 

 

a) Corpus Iuris Civilis

        - besteht aus vier Teilen:

           1. Insitutionen :  in vier Büchern aufgeteiltes Anfängerlehrbuch für Rechtsschulen

           2. Digesten  (= Sammlung) oder Pandekten (= alles enthaltend) : Sammlung von Auszügen                             aus Juristenschriften der ersten drei Jh. in Form von Fällen und Lösungen (bekannteste                             Handschrift: Florentina)

           3. Kodex : Sammlung von Kaisergesetzen in 12 Bücher unterteilt

           4. Novellen : Sammlung von nachträglich erlassenen Gesetzen Justinians

        -  der erste Codex wurde 529 von 10-köpfiger Kommission erstellt

        -  im Jahr 530 übertrug Justinian die Aufgabe seinem Justizminister Tribonian, der wiederum                      seine Mitarbeiter (Kompilatoren = 4 Professoren (Dorotheus, Anatolius, Theophilus,                                 Cratinus), magister officiorum, 11 Anwälte) aussuchte

        -  im Jahr 534 wurde das Werk (Digesta oder Pandectae) verkündet, alles alte wurde außer kraft             gesetzt, 40 Juristen aus über 200 Schriften werden dort aufgeführt (ca. die Hälfte Paulus und                    Ulpian)

        - Gliederung : 7 Teile - 50 Bücher

           1. Teil (1 - 4)     ® Einleitung

           2. Teil (5 - 11)   ® Klagen

           3. Teil (12 - 19) ® Sachenrecht

           4. Teil (20 - 27) ® Bes. Schuldrecht

           5. Teil (28 - 36) ® Erbrecht

           6. Teil (37 - 44) ® Rechtsverhältnisse

           7. Teil (45 - 50) ® Diverses (u.a. Strafrecht)

        - Zitierweise der Digesten: 

        (D. 19, 1, 45 pr.) = Digesten,  Buch 19, Titel 1, Fragment 45, Einleitungssatz vor § 1(„prnicipium“)

        Im Mittelalter wurden Digesten auch ff abgekürzt

    

b)     Interpolationen

        klassische Gesetzesquellen wurden gekürzt und verändert (auf Befehl Justinians);

        Forscher (zB Wieacker, Kaser) versuchen die vollständigen Texte herauszufinden.

 

6)      Nachleben des Römischen Rechts

         - ab 480 : im Osten enstand Byzantinisches Reich, im Westen fielen die Germanen ein

         - im Abendland galt römische Vulgarrecht (Lex RomanaVisigothorum), Digesten von Justinian                   gingen verloren,

           1050 wurden sie wiederentdeckt

         - Mittelpunkt der Rechtswissenschaft 1119 Universität von Bologna

         - Rechtstexte wurden mit Glossen versehen (um den Text herum = Marginalglossen, zwischend               den Zeilen = Interlinearglossen); bekannteste Interpretation des Corpus Iuris ist Glossa                             Ordinaria (von Accursius)

 

7)      Überlieferung des RömR

         - früher eingemeißelt auf Holz, Metall oder Stein

         - später gegerbte Tierfelle (= Pergament) oder Papierstaude (= Papyrus)

         - Papier erst 900 n. Chr. aus China in Europa bekannt

         - zunächst schienen alle Texte (außer Justinians Corpus Iuris) verloren; 1816 fand Niebuhr in                    Verona die Briefe des Hieronymus auf abgeschabten Pergament (=Palimpsest), darunter                          war die Schrift der Gaius Institutionen verfaßt; Forscher Waldstein konnte 90 % entziffern.